Schon lange wollte ich einen ausführlichen Beitrag zum Thema Referendariat schreiben, der angehenden Lehrer:innen nicht nur Angst nehmen, sondern auch Mut machen soll, diese herausfordernde Zeit meistern zu können. Leider kannst du die Rahmenbedingungen deines Referendariats nicht ändern. Du kannst aber ändern, wie du damit umgehst und darum soll es in diesem Beitrag gehen. Hierfür habe ich eine absolute Ref-Expertin eingeladen, die dir in diesem Beitrag hilfreiche Tipps für dein Referendariat an die Hand geben wird.
Hi, ich bin Debby von @HalloFerien, Grundschullehrerin aus Stuttgart und begleite auf meinem Instagram-Profil junge Lehrkräfte durchs Referendariat. Heute möchte ich dir wichtige Tipps geben, wie du möglichst positiv und gesund durch dein Referendariat gehst.
1. Vorstellung an der Schule
Der erste Tag kann einen ganz schön umhauen. Viele neue Eindrücke, Informationen und ungefähr hundert Namen, die man sich plötzlich merken muss. Und zusätzlich möchte man auch noch einen guten Eindruck im Kollegium hinterlassen. Neben der persönlichen Vorstellung bei den Kolleg:innen möchte ich dir empfehlen einen Steckbrief im Lehrerzimmer aufzuhängen. Oft sind Lehrkräfte gerade im Pausendienst oder krank und du lernst nur die Hälfte persönlich kennen. Ein Steckbrief gibt dir die Möglichkeit, auch später noch mit Kolleg:innen ins Gespräch zu kommen. Ihr habt die gleiche Fächerkombi? Das gleiche Hobby in der Freizeit? Ihr kommt aus dem gleichen Dorf? Sicher finden sich irgendwo Anknüpfungspunkte – und die sind super für den Beziehungsaufbau. Gerne kannst du dir hier meine kostenlose Steckbrief-Vorlage herunterladen: zum Steckbrief
2. Positives Mindset
Von allen Seiten wirst du vor dem Ref mit negativen Erfahrungsberichten bombardiert. Ich habe mich damals schon gestresst gefühlt, noch bevor das Referendariat überhaupt begonnen hat (Kerstin kann dieses Gefühl bestätigen). Versuche deshalb, dich auf die kleinen Freuden im Schulalltag zu konzentrieren und mache deine eigenen (positiven) Erfahrungen. Anstatt dich am Morgen über eine weitere Vertretungsstunde oder den negativen Kommentar einer Kollegin zu ärgern, freue dich über den Parkplatz direkt vor der Schule oder das schüchterne „Guten Morgen“ eines sonst so ruhigen Schülers. Dein Mindset macht den Unterschied.
3. Perfektionismus
Verabschiede dich ganz schnell von der Idee, im Ref alles perfekt zu machen, denn damit kommst du nicht weit. Der Aufgabenstapel wächst und es bleibt keine Zeit, jede einzelne Aufgabe perfekt zu lösen. Du musst dein Material nicht perfekt designen (dafür gibt es viele tolle Grundschulblogs) und nicht jede Unterrichtsphase Wort für Wort vorbereiten. Probiere einfach mal neue Dinge aus, lass Spielraum für spontane Entwicklungen im Unterricht und plane nicht alles bis ins kleinste Detail. So kommst du auf Dauer weiter, denn: Dein Ref ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Anmerkung von Kerstin: Die spontanen und improvisierten Stunden sind meist die besten.
4. Weiterbildung und Begleitung
An der Uni hast du viel theoretischen Input bekommen und auch im Seminar wirst du einiges lernen. Allerdings sind viele Themen sehr theoretisch und in der Praxis habe ich mich trotzdem nicht gut vorbereitet gefühlt. Wie führt man eigentlich gute Elterngespräche? Wie setze ich meine Stimme im Unterricht ein, um die Klasse richtig zu führen – ohne heiser nach Hause zu kommen? Wie schreibt man einen Unterrichtsentwurf und was ist Prüfer:innen in der Lehrprobe wichtig? Mein Tipp an dich: Wenn du dich nicht ausreichend vorbereitet fühlst, bilde dich selbst weiter. Hierfür habe ich meine HalloFerien Membership #TeamHappyRef fürs Referendariat ins Leben gerufen, in der du zahlreiche Videokurse verschiedenster Expert:innen findest. Sie unterstützen dich in Bereichen, die wirklich relevant sind. Außerdem gehst du so nicht alleine durch diese letzte Ausbildungsphase und bekommst jederzeit Input und Unterstützung von anderen Refis. Für einen fairen monatlichen Beitrag kannst du Teil meiner Membership werden. Alle Infos findest du hier (Werbung): zur Membership
5. Materialerstellung
Es kursiert das Gerücht, dass du als Referendar:in dein Material eigenständig erstellen musst. Das stimmt nicht. Du musst das Rad nicht ständig neu erfinden und darfst Schulbücher verwenden oder bereits vorhandenes Material nutzen. Statt ohne Ende Geld bei Verlagen & Co auszugeben, schau dich doch mal anderweitig um. Was findest du in der Schule? Was findest du kostenlos auf den zahlreichen Grundschulblogs? (Tipp von Kerstin: Ideenreise, Frau Locke, Materialwiese, DieGrundschultante etc.)
6. Netzwerk
Ein dich unterstützendes Netzwerk ist das A&O. Suche dir aktiv Hilfe und Unterstütze und lasse angebotene Hilfe zu. Ob es die Freundin ist, die beim Ausschneiden von Materialien hilft oder die Eltern, die bei der Einrichtung des Klassenzimmers unterstützen. Du musst nicht alles allein schaffen. Baue dir ein Netzwerk aus Gleichgesinnten auf, denn du profitierst in so vieler Hinsicht vom Austausch mit anderen Refis. Der regelmäßige Kontakt, die gegenseitige Hilfestellung und Ermutigung ist goldwert – vor allem in herausfordernden Zeiten. Es tut gut zu wissen, dass man nicht alleine ist, andere ähnliche Probleme und ebenfalls Lösungen dafür gefunden haben.
7. Wachstum
Wachstum ist nicht linear. Manchmal geht es schneller und einfacher, manchmal dauert es, bis man ein Ziel erreicht hat. Um den Wachstumsprozess zu visualisieren, habe ich die Idee eines „Refi-Bäumchens“ entwickelt. Pflanze zu Beginn deines Referendariats einen Avocado-Kern ein (oder auch einen anderen Samen – Avocados sind manchmal stur) und beobachte über die kommenden Monate mit viel Geduld, wie sich langsam ein Pflänzchen sehen lässt, das sich zu einem kleinen Baum entwickelt. Eine schöne Idee ist es auch, diesen Baum zum Abschluss des Referendariats dem/der Mentor:in als Symbol und Abschiedsgeschenk zu schenken.
8. Erfolge
Während des Referendariats wirst du kontinuierlich bewertet. Leider neigen wir dazu, negative Rückmeldungen viel stärker wahrzunehmen, als die Komplimente zur Unterrichtsgestaltung. Daher ist es wichtig, dass du deine Erfolge nicht aus den Augen verlierst, deine Stärken erkennst und dich regelmäßig dafür belohnst, wenn du einen neuen Meilenstein erreicht hast. Mein ganz persönlicher Lieblingstipp: Halte deine Erfolge in einem Erfolgstagebuch fest, das du vor jedem Unterrichtsbesuch für einen kleinen Motivationsschub durchblättern kannst.
9. Work-Life-Balance
Nimm dir ganz bewusst Zeit für dich und mache regelmäßig Pausen. Fülle die Zeit mit Dingen, die dir guttun. Ob du lieber ein Bad nimmst, alleine spazieren gehst oder Energie tankst, wenn du mit Freunden unterwegs bist – vernachlässige diese Zeiten nicht, sonst kannst du irgendwann auch in der Schule nicht mehr motiviert und voller Freude arbeiten. Du bist eine gute Lehrkraft, wenn dein Leben im Gleichgewicht ist (mal mehr, mal weniger – aber zumindest im Mittel) und du deine Schüler:innen am Montag nach einer erholsamen Zeit am Wochenende wieder mit einem Lächeln empfangen kannst. Mir hat es übrigens immer sehr geholfen, mich mit einem Freundeskreis zu treffen, der mit Schule gar nichts zu tun hat. Das hat mich immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht: Schule ist nicht dein gesamter Lebensinhalt und es gibt auch noch ein Leben außerhalb.
Wir hoffen, dass du in unserem Beitrag viele tolle Tipps für dein Referendariat bekommen hast und mit Vorfreude und Motivation in einen tollen Beruf starten kannst.
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